Sprache bildet Vorstellungen nicht einfach ab, sondern bringt sie auch hervor und prägt unser Denken und unsere Wahrnehmungsmuster tiefgreifend. Sprache wandelt sich und passt sich permanent gesellschaftlichen Veränderungen an.
Empfehlungen für eine genderinklusive Sprache
1. Geschlechtsneutrale Formulierungen
Geschlechtsneutrale Formulierungen sind die einfachste Form, inklusiv zu sprechen und zu schreiben. Dafür eignen sich bspw. Partizipien im Plural („Studierende“, „Teilnehmende“, „Mitarbeitende“), die häufig schon im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert sind. Oft gibt es gängige Alternativen wie „Personal“ statt „Mitarbeiter“, oder es sind Umschreibungen möglich: „herausgegeben von“ statt „Herausgeber“. Auch Relativsätze werden verwendet: Statt „der Vorsitzende“ ist es möglich zu schreiben „die Person, die den Vorsitz innehat“. Auch Passivformulierungen sind eine Option, die häufig möglich ist: „Hausarbeiten müssen innerhalb von acht Wochen korrigiert werden.“
2. Genderstern
Genderzeichen ermöglichen diverse Geschlechteransprachen in einem Wort und sind damit zentral für eine gendergerechte Sprache. In der gesprochenen Sprache werden sie mit einem glottalen Stopp (Pause) gesprochen.
Im Sprachgebrauch wird der Genderstern inzwischen am häufigsten benutzt: „Student*innen“, „Forscher*innen“. Zudem empfehlen sowohl die Queer-Community als auch der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband am ehesten den Genderstern. Hilfreich ist es, den Genderstern nicht inflationär einzusetzen, sondern immer wieder auch nach Alternativen zu suchen (siehe oben).
3. Umgang mit Umlauten
Manche Begriffe haben in der maskulinen Form keine Umlaute, in der weiblichen Form jedoch schon. Zum Umgang damit gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Beidnennung und eine geschlechtsneutrale Umschreibung („Französinnen und Franzosen und alle anderen, die in Frankreich leben“)
- Alternative Formulierungen („Personen, die die französische Staatsbürgerschaft besitzen“)
- Beidnennung mit Genderzeichen („Franzosen*Französinnen“)
- Genderzeichen ohne Beidnennung („Französ*innen“)
4. Singular und Plural
Das Genderzeichen ist auch im Singular möglich (der*die Absolvent*in), doch wird es schwierig, wenn ein Substantiv gebeugt wird („des*der Wissenschaftler*in“). Deshalb ist auf die Pluralform („die Wissenschaftler*innen“) oder geschlechtsneutrale Varianten (siehe oben) auszuweichen.
Ist der Singular unumgehbar, ist es möglich, den Stern zwischen der männlichen und weiblichen Form zu setzen („der Rektorin*des Rektors“) oder nur die weibliche Form zu verwenden und „m/w/d“ präzisierend hinzuzufügen: „der Rektorin (m/w/d)“.
5. Pronomen
Bei Pronomen sollte darauf geachtet werden, nicht automatisch die männliche Form zu benutzen. Es ist an folgende Fälle zu denken:
- Bei Relativsätzen, in denen ein „wer“ vorangeht, kann „der“ weggelassen werden: „Wer forscht, schreibt oft Bücher“. Oder: „Alle, die forschen, schreiben Bücher“.
- Die Begriffe „jeder“ oder „jede“ lassen sich durch „alle“ ersetzen: „Das wissen doch alle“.
- „Jemand“ und „niemand“ sollte nicht automatisch mit „der“ weitergeführt werden: „Ich kenne jemanden, die darüber Bescheid weiß“.
- Bei Fragen sollte nicht indirekt („Gibt es hier jemanden, der…“), sondern direkt formuliert werden: „Welche Person schreibt das Protokoll?“.
Personal- und (manche) Possessivpronomen wie „sie“, „ihr“, „sein“, „der“, „die“ treffen Aussagen über das Geschlecht und verbleiben im binären System. Durch Verzicht auf Pronomen ist es möglich, dem zu entgehen: „Der Vortrag gefiel Quinn, was Quinn der Referentin auch mitgeteilt hat“.
6. Komposita
Der Umgang mit Komposita ist problematisch, was an männlich konnotierten Begriffen wie „Kanzleramt“ oder „Hochschulrektorenkonferenz“ deutlich wird. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- an der ursprünglichen Form festhalten, wenn eher eine Tätigkeit als ein Beruf bezeichnet wird („Fleischermesser“)
- das Kompositum auflösen („Praxis für Frauenheilkunde“ statt „Frauenarztpraxis“)
- das betreffende Wort ersetzen („Gehweg“ statt „Bürgersteig“)
- die Tätigkeit statt der Person betonen („Redepult“ statt „Rednerpult“)
- den Genderstern im Wort verwenden („Zentrum für Lehrer*innenbildung“)
7. Geschlechterinklusive Anrede von Personen und Personengruppen
Höflichkeitsanreden wie „Sehr geehrte Damen und Herren“ sind binär. Folgende geschlechterinklusive Möglichkeiten gibt es alternativ:
- mit Genderzeichen und/oder Partizipien: „Liebe Kommiliton*innen“, „liebe Studierende“
- bei Singular: Menschen mit ihrem Namen ansprechen: „Guten Tag XY“ statt „Lieber Herr Y“
- auf eine Anrede verzichten und direkt mit der Rede beginnen
- die neutrale Anrede „liebe alle“ oder, je nach Situation, „verehrtes Publikum“/„liebes Kollegium“/„liebes Team“ verwenden
Nicht gesehen zu werden oder falsch „gelesen“ zu werden, ist verletzend. Deshalb ist es empfehlenswert, bei Unsicherheit eine Person danach zu fragen, wie sie angesprochen werden möchte und selbst darüber Auskunft zu geben (z. B. in der Signatur der E-Mail).
8. Überschriften
Da Überschriften prägnant sein sollten, stellt genderneutrale Sprache hier ein Problem dar, wenn sie zu verlängerten Formulierungen führt. Personen sollten deshalb in Überschriften nicht erwähnt werden. Statt also „Mehr Geld für Rentner“ sollte es „Die Rente steigt“ heißen.
9. Weibliche Formen
Geschlechtsneutrale Sprache kann ähnlich dem Maskulinum Frauen wieder zum Verschwinden bringen. Die bewusste Verwendung femininer Formen („Wissenschaftlerinnen“) ist in bestimmten Kontexten deshalb immer noch empfehlenswert, solange Stereotype dabei vermieden werden (bspw. „die Ärztinnen und Pfleger“ statt „Ärzte und Krankenschwestern“).
10. Das Wörtchen „man“
Hinter dem „man“ verbirgt sich das Substantiv „Mann“, weswegen die feministische Linguistik das Wort problematisiert. Zum Umgang mit dem Wort gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- weiterhin „man“ verwenden, da der Begriff gegenwärtig geschlechtsneutral verstanden wird
- „man“ ersetzen durch „ich“ oder „wir“ oder direkte Anrede: „Wenn Sie in die Mensa gehen, dann...“